Düren: Dietmar Nietan, SPD-Bundestagsabgeordneter aus Düren, ist sich sicher: Die Tage des syrischen Autokraten Baschar al-Assad sind gezählt. Die Frage ist allein, wie blutig sein Abgang sein wird, sagt der Außenpolitiker. Bisher hat der Aufstand gegen den syrischen Machthaber nach UN-Schätzungen rund 3500 Menschen das Leben gekostet.
Nietan hat sich in den vergangenen Tagen in der Türkei mit Vertretern des Syrischen Nationalrats, dem Dachverband der wichtigsten syrischen Oppositionsgruppen, getroffen. Diese Leute wollen unter allen Umständen einen Bürgerkrieg verhindern, streben eine möglichst gewaltfreie Machtübergabe an, sagt Nietan. Deshalb sei für sie auch eine militärische Intervention des Westens keine Option. Sie bitten allerdings darum, den internationalen diplomatischen Druck auf das syrische Regime weiter zu erhöhen, sagt Nietan. Sanktionen, die die Arabische Liga am vergangenen Wochenende gegen Damaskus verhängt hat, seien dabei ein Riesenfortschritt. Assad sei in der arabischen Welt inzwischen weitgehend isoliert. Bemerkenswert sei auch, dass sich die Türkei in aller Deutlichkeit gegen Assad gestellt habe.
Von der Bundesregierung erwartet Nietan nun, dass sie die Türkei bei deren politischer Offensive gegen Syrien unterstützt und das Land in strategische Überlegungen stärker einbindet. Gleichzeitig verlangt er von Berlin, auf deutsche Firmen einzuwirken, vorerst nicht mehr in Syrien zu investieren. Und schließlich fordert der Dürener Parlamentarier die schwarz-gelbe Koalition auf, ihre Drähte zur russischen Führung zu nutzen, um dort auf eine Änderung der Politik zu drängen. Bisher hat Moskau das Vorgehen Assads zwar verurteilt, aber Sanktionen gegen Syrien als nicht zielführend abgelehnt, sagt Nietan.
Der Sozialdemokrat hat während seines Türkei-Aufenthalts auch mehrere Ärzte getroffen, denen Tage zuvor die Flucht aus Syrien gelungen war. Sie haben mir teilweise unter Tränen grausame Vorgänge geschildert, sagt Nietan. Sie erzählten davon, dass Schergen des Regimes immer wieder durch die Krankenhäuser gehen und Verletzte, die an Demonstrationen teilgenommen haben, entweder sofort töten, oder sie in Gefängnisse verschleppen. Joachim Zinsen