Kreis Düren. Das Zittern in der Wahlnacht hat Dietmar Nietan noch nicht vergessen. Sein Wiedereinzug in den Bundestag hing nach dem desaströsen Ergebnis der SPD trotz des im Vorfelds als sicher erachteten Listenplatzes 11 am seidenen Faden.
Rückblickend räumt der SPD-Politiker ein: Hätte ich den Sprung in den Bundestag über die Reserveliste nicht geschafft, wäre mit der überregionalen Politik Schluss gewesen. Das hatte ich mit meiner Frau so vereinbart. Bekanntlich kam es anders. Am frühen Morgen des 28. Septembers hatte das Zittern im Hause Nietan ein Ende, das Comeback, das es nur sehr selten auf Bundes- oder Landesebene gibt, war perfekt.
Heute, knapp zwei Monate später, hat sich der 45-Jährige wieder in Berlin eingelebt – trotz einiger zu überwindender Hürden bei der Einrichtung seines neuen Büros. Denn weil längst noch nicht alle der 76 abgewählten SPD-Bundestagsabgeordneten ihr Quartier geräumt haben, muss sich Nietan noch wie die meisten der 26 neuen Fraktionsmitglieder mit zwei Kollegen und mehreren Mitarbeitern ein eigentlich aus drei Räumen bestehendes Abgeordnetenbüro im Reichstag teilen.
Und trotzdem: Es ist fast so, als wäre ich nie weg gewesen, berichtet der Vorsitzende der SPD im Kreis Düren und Bezirk Köln mit unüberhörbarer Genugtuung in der Stimme, dass keine zwei Tage nach der Wahl bereits der israelische Botschafter bei ihm um ein Treffen nachfragte und er gerade erst am 9. November während der Feierlichkeiten aus Anlass des 20. Jahrestags des Mauerfalls als einer von nur drei Parlamentariern einer exklusiven Einladung in die US-Botschaft zu einem Treffen mit Sicherheitsberatern früherer US-Präsidenten folgen durfte: Das tut gut und zeigt, dass man mich noch nicht vergessen hat.
In der täglichen Arbeit kann Nietan bei den Themen anknüpfen, die er schon bis 2005 in Berlin beackerte und mit denen er in der Zwischenzeit als Koordinator zwischen den SPD-Fraktionsvorsitzenden in Berlin und beim EU-Parlament in Brüssel seine Brötchen verdiente: Nietan ist als ordentliches Mitglied in den Europaausschuss des Bundestages gewählt worden und ist stellvertretendes Mitglied im Auswärtigen Ausschuss, dem er schon von 2002 bis 2005 als seinerzeit jüngstes Mitglied der SPD-Bundestagsfraktion angehörte.
Trotz der zeitintensiven Aufgaben, die nun auf ihn warten, ist ihm die kommunalpolitische Verankerung weiter wichtig. Deshalb will der Dürener auch sein Mandat im Kreistag weiter wahrnehmen, vor allem weil ihm die Jugendpolitik sehr am Herzen liegt. Der Wahlkreis wird für mich immer oberste Priorität haben, versichert der 45-Jährige, der als Mitglied im Vorstand der NRW-Landesgruppe der Bundestags-SPD aber auch die NRW-Interessen in Berlin besser vertreten will als dies in der Vergangenheit geschehen ist. Seit der Bundestag nach Berlin umgezogen ist, hat der enge Draht zwischen der Landespartei und der Bundestagsfraktion doch sehr gelitten, weiß Nietan, der als Bezirksvorsitzender zum erweiterten Präsidium und Landesvorstand der NRW-SPD gehört. Nicht zuletzt deshalb will Nietan auch im kommenden Juni erneut als Bezirksvorsitzender kandidieren, aber sicher auch, um in vier Jahren nicht noch einmal derart am Abend der nächsten Bundestagswahl zittern zu müssen.