Wie geht es in Düren weiter?

15. Juli 2012 von Cem Timirci 
Henner Schmidt hat das neue Fraktionsbüro bezogen.
Interview mit dem SPD-Fraktionschef Henner Schmidt

Düren. Wie wird sich Düren bis zur nächsten Kommunalwahl entwickeln? Gibt es Stillstand oder gehen die Parteien nach dem Koalitionsbruch von CDU und FDP auf-einander zu? In einer „Sommer-Interview“-Reihe werden die „DN“ dieses Thema mit den vier Fraktionsvorsitzenden im Stadtrat und Bürgermeister Paul Larue beleuchten. Den Anfang macht Henner Schmidt, Fraktionschef der SPD, im Gespräch mit „DN“-Redakteur Ingo Latotzki.

  • Im Rat gibt es keine klaren Mehrheiten mehr. Muss der Dürener sich jetzt auf Stillstand in den nächsten zwei Jahren einstellen?

    Henner Schmidt: Stillstand muss in jedem Fall vermieden werden. In diesen unklaren Mehrheiten, wie Sie es nennen, sehe ich auch eine große Chance für Düren. Wir können in unserem Sinne Politikfelder noch einmal anders betrachten und sie mit anderen Mehrheiten versehen. Wir werden sozusagen an die anderen Parteien im Rat Einladungen verschicken, um gemeinsam etwas auf den Weg zu bringen.

  • Es ist trotz mehrerer Anläufe nicht gelungen, einen Baudezernenten zu wählen, weil sich die Parteien nicht einigen konnten oder wollten. Was macht Sie zuversichtlich, dass es künftig Einigungen geben wird?

    Schmidt: Die Kraft der Argumente. Es ist in der Tat schwierig, gewisse verhärtete Positionen noch einmal aufzubrechen. Aber wenn sich die Wellen nach diesen turbulenten Zeiten gelegt haben, kann ich mir vorstellen, dass es wieder um die Sache geht. Ich beobachte, dass die CDU eine Zeit braucht, sich an die neue Situation zu gewöhnen. Es ist sicher nicht einfach zu verdauen, die Macht nach einem Koalitionsbruch zu verlieren.

  • Können Sie sich vorstellen, mit der CDU eine große Koalition einzugehen?

    Schmidt: Da kann ich mit einem Satz von Franz Müntefering antworten: Die großen Koalitionen auf Bundesebene waren immer besser als ihr Ruf. Tatsache ist aber, dass die SPD wenig profitiert hat. Müntefering hat gesagt: die SPD schwitzt im Maschinenraum und die CDU sonnt sich auf dem Oberdeck. Ich würde das nicht 1:1 für Düren erwarten, aber ich halte eine große Koalition in Düren für schwierig. Es muss jetzt erst einmal Zeit vergehen.

  • Für die SPD ist es schwer, Mehrheiten im Rat zu organisieren. Sie brauchen die eigene Fraktion, die Grünen, die FDP und wenigstens drei der vier fraktionslosen Ratsmitglieder. Wie wahrscheinlich ist das?

    Schmidt: Das ist nicht einfach. Das Umgekehrte gilt für die CDU. Ich sehe aber eine Übereinstimmung auf vielen Feldern zwischen uns, den Grünen und der FDP, ich sehe auch den einen oder anderen Fraktionslosen, der auch in diese Richtung denkt. Aber eine stabile, dauerhafte Mehrheit sehe ich nicht.

  • Was wollen Sie überhaupt noch bewegen bis zur Wahl 2014?

    Schmidt: In der Schullandschaft muss sich etwas bewegen…

  • … das heißt: Sie fordern eine Sekundarschule…

    Schmidt: … ja, das wäre eine Einladung für die anderen Parteien. Wir müssen uns vor dem Hintergrund der schlechten sozio-ökonomischen Lage in Düren dringend um Bildungsgerechtigkeit kümmern. Armut behindert Bildung, hier müssen wir Antworten geben.

  • Was wollen Sie noch bewegen?

    Schmidt: Wir wollen, dass die Stadt Anteile an den Stadtwerken zurückkauft, wir fordern ein drittes Gleis zwischen Aachen und Düren mit Haltepunkt in Derichsweiler, wir wollen ein modernes Sportstättenkonzept, wir wollen Jugend- und Schulamt zusammenlegen, den Beitritt zur Indeland Gesellschaft, das Bahnhofsumfeld verbessern…

  • Vor einem halben Jahr hat sich die Politik für die Ansiedlung des Sportartikel-Konzerns Decathlon ausgesprochen. Dann wurde erneut ein Gutachten in Auftrag gegeben – seitdem hört man nichts mehr. Ist das kein Stillstand?

    Schmidt: In der Tat. Das ist verlorene Zeit. Aber das haben wir nicht zu verantworten. Da hat die CDU nicht weitergemacht.

  • Aber die SPD hätte doch auch am Ball bleiben können. Man hat den Eindruck, im letzten halben Jahr ging es nur um die Wahl eines Baudezernenten, vieles andere blieb liegen.

    Schmidt: Das kann man so nicht sehen. Wir haben das Gutachten nicht bestellt. Das war ein Ausweichmanöver der CDU, des Fraktionsvorstandes, um die eigene Fraktion zu disziplinieren. Die CDU ist übrigens nicht nur in der Frage Decathlon zerrissen.

  • Auch an der Stadthalle passiert nichts. Wenn das kein Stillstand ist, was ist es dann?

    Schmidt: Wir warten die Sommerferien ab. Dann stellen wir im Rat nochmal einen Antrag auf den sogenannten Heimfall. Das heißt: Gerichte klären, wie es weiter gehen kann, welche Forderungen der Projektentwickler stellen kann und welche nicht. Auch diesen Stillstand haben wir nicht zu verantworten. Vielleicht bewegt sich ja jetzt mit den neuen Mehrheitsverhältnissen etwas.

  • Henner Schmidt: seit 1980 in der SPD

    Henner Schmidt, 63, ist im Westerwald aufgewachsen. Nach einem Studium in Bonn kam er 1978 nach Düren und begann als Diplom-Pädagoge beim Diakonischen Werk. In der SPD ist Schmidt seit 1980. 2004 wurde er Fraktionsvorsitzender. Zuvor war er zwei Jahre Dürener SPD-Chef. 2009 kandidierte er für das Bürgermeisteramt.

    Jazz-Liebhaber Schmidt ist auch Vorsitzender der SG GFC Düren 99. Der Mundharmonika-Spieler ist in der Ruhephase seiner Altersteilzeit. Er lebt in Gürzenich, ist verheiratet und hat fünf Kinder.

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    Wie geht es in Düren weiter?

    15. Juli 2012 von Cem Timirci 
    Henner Schmidt hat das neue Fraktionsbüro bezogen.
    Interview mit dem SPD-Fraktionschef Henner Schmidt

    Düren. Wie wird sich Düren bis zur nächsten Kommunalwahl entwickeln? Gibt es Stillstand oder gehen die Parteien nach dem Koalitionsbruch von CDU und FDP auf-einander zu? In einer „Sommer-Interview“-Reihe werden die „DN“ dieses Thema mit den vier Fraktionsvorsitzenden im Stadtrat und Bürgermeister Paul Larue beleuchten. Den Anfang macht Henner Schmidt, Fraktionschef der SPD, im Gespräch mit „DN“-Redakteur Ingo Latotzki.

  • Im Rat gibt es keine klaren Mehrheiten mehr. Muss der Dürener sich jetzt auf Stillstand in den nächsten zwei Jahren einstellen?

    Henner Schmidt: Stillstand muss in jedem Fall vermieden werden. In diesen unklaren Mehrheiten, wie Sie es nennen, sehe ich auch eine große Chance für Düren. Wir können in unserem Sinne Politikfelder noch einmal anders betrachten und sie mit anderen Mehrheiten versehen. Wir werden sozusagen an die anderen Parteien im Rat Einladungen verschicken, um gemeinsam etwas auf den Weg zu bringen.

  • Es ist trotz mehrerer Anläufe nicht gelungen, einen Baudezernenten zu wählen, weil sich die Parteien nicht einigen konnten oder wollten. Was macht Sie zuversichtlich, dass es künftig Einigungen geben wird?

    Schmidt: Die Kraft der Argumente. Es ist in der Tat schwierig, gewisse verhärtete Positionen noch einmal aufzubrechen. Aber wenn sich die Wellen nach diesen turbulenten Zeiten gelegt haben, kann ich mir vorstellen, dass es wieder um die Sache geht. Ich beobachte, dass die CDU eine Zeit braucht, sich an die neue Situation zu gewöhnen. Es ist sicher nicht einfach zu verdauen, die Macht nach einem Koalitionsbruch zu verlieren.

  • Können Sie sich vorstellen, mit der CDU eine große Koalition einzugehen?

    Schmidt: Da kann ich mit einem Satz von Franz Müntefering antworten: Die großen Koalitionen auf Bundesebene waren immer besser als ihr Ruf. Tatsache ist aber, dass die SPD wenig profitiert hat. Müntefering hat gesagt: die SPD schwitzt im Maschinenraum und die CDU sonnt sich auf dem Oberdeck. Ich würde das nicht 1:1 für Düren erwarten, aber ich halte eine große Koalition in Düren für schwierig. Es muss jetzt erst einmal Zeit vergehen.

  • Für die SPD ist es schwer, Mehrheiten im Rat zu organisieren. Sie brauchen die eigene Fraktion, die Grünen, die FDP und wenigstens drei der vier fraktionslosen Ratsmitglieder. Wie wahrscheinlich ist das?

    Schmidt: Das ist nicht einfach. Das Umgekehrte gilt für die CDU. Ich sehe aber eine Übereinstimmung auf vielen Feldern zwischen uns, den Grünen und der FDP, ich sehe auch den einen oder anderen Fraktionslosen, der auch in diese Richtung denkt. Aber eine stabile, dauerhafte Mehrheit sehe ich nicht.

  • Was wollen Sie überhaupt noch bewegen bis zur Wahl 2014?

    Schmidt: In der Schullandschaft muss sich etwas bewegen…

  • … das heißt: Sie fordern eine Sekundarschule…

    Schmidt: … ja, das wäre eine Einladung für die anderen Parteien. Wir müssen uns vor dem Hintergrund der schlechten sozio-ökonomischen Lage in Düren dringend um Bildungsgerechtigkeit kümmern. Armut behindert Bildung, hier müssen wir Antworten geben.

  • Was wollen Sie noch bewegen?

    Schmidt: Wir wollen, dass die Stadt Anteile an den Stadtwerken zurückkauft, wir fordern ein drittes Gleis zwischen Aachen und Düren mit Haltepunkt in Derichsweiler, wir wollen ein modernes Sportstättenkonzept, wir wollen Jugend- und Schulamt zusammenlegen, den Beitritt zur Indeland Gesellschaft, das Bahnhofsumfeld verbessern…

  • Vor einem halben Jahr hat sich die Politik für die Ansiedlung des Sportartikel-Konzerns Decathlon ausgesprochen. Dann wurde erneut ein Gutachten in Auftrag gegeben – seitdem hört man nichts mehr. Ist das kein Stillstand?

    Schmidt: In der Tat. Das ist verlorene Zeit. Aber das haben wir nicht zu verantworten. Da hat die CDU nicht weitergemacht.

  • Aber die SPD hätte doch auch am Ball bleiben können. Man hat den Eindruck, im letzten halben Jahr ging es nur um die Wahl eines Baudezernenten, vieles andere blieb liegen.

    Schmidt: Das kann man so nicht sehen. Wir haben das Gutachten nicht bestellt. Das war ein Ausweichmanöver der CDU, des Fraktionsvorstandes, um die eigene Fraktion zu disziplinieren. Die CDU ist übrigens nicht nur in der Frage Decathlon zerrissen.

  • Auch an der Stadthalle passiert nichts. Wenn das kein Stillstand ist, was ist es dann?

    Schmidt: Wir warten die Sommerferien ab. Dann stellen wir im Rat nochmal einen Antrag auf den sogenannten Heimfall. Das heißt: Gerichte klären, wie es weiter gehen kann, welche Forderungen der Projektentwickler stellen kann und welche nicht. Auch diesen Stillstand haben wir nicht zu verantworten. Vielleicht bewegt sich ja jetzt mit den neuen Mehrheitsverhältnissen etwas.

  • Henner Schmidt: seit 1980 in der SPD

    Henner Schmidt, 63, ist im Westerwald aufgewachsen. Nach einem Studium in Bonn kam er 1978 nach Düren und begann als Diplom-Pädagoge beim Diakonischen Werk. In der SPD ist Schmidt seit 1980. 2004 wurde er Fraktionsvorsitzender. Zuvor war er zwei Jahre Dürener SPD-Chef. 2009 kandidierte er für das Bürgermeisteramt.

    Jazz-Liebhaber Schmidt ist auch Vorsitzender der SG GFC Düren 99. Der Mundharmonika-Spieler ist in der Ruhephase seiner Altersteilzeit. Er lebt in Gürzenich, ist verheiratet und hat fünf Kinder.

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