Wird bezahlbarer Wohnraum in Düren knapp?

7. März 2013 von Cem Timirci 
Sanierung von Wohnungen an der Blumenthalstraße in Düren

DÜREN. Bezahlbarer Wohnraum wird immer knapper.
Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des Pestel-Instituts im Auftrag der Wohnungbau-Initiative, zu der sich drei Bau-Verbände und die Bau-Gewerkschaft zusammengeschlossen haben.
Rund 22.140 Haushalte im Kreis Düren hätten der Studie zufolge Anspruch auf eine Sozialmietwohnung.
Doch gerade in den vergangenen Jahren seien in NRW viele Sozialwohnungen vom Markt verschwunden.

Auch in Düren bestehe Bedarf an bezahlbarem Wohnraum. „Gerade Einzel- personen und kinderreiche Familien sind betroffen. Wer alt, krank, behindert oder arbeitslos ist, findet kaum noch eine Wohnung, die seinen Anforderungen und seinem Geldbeutel gerecht wird“, bilanziert Lothar Böling, Stadtratsmitglied in Düren (Freie Liste). Er sieht die öffentliche Hand in der Verantwortung, neuen Wohnraum zu schaffen.

Eine Einschätzung, die Karl-Josef Cranen, Leiter der Job-Com, nicht teilt. „Der Wohnungsmarkt ist entspannt“, sagt er.
Nach der Vorlage des sogenannten schlüssigen Konzeptes und der damit einhergegangenen Anhebung der Mietobergrenzen habe es eine deutliche Entspannung gegeben.

Die Empfänger von Arbeitslosengeld II und Sozialhilfe hätten von dieser Neuregelung profitiert, es gebe ausreichend Wohnungen, deren Mieten unterhalb der amtlichen Angemessenheitsgrenze liegen. „Das ist eher ein Problem der Ballungszentren“, sagt Cranen.

„Grundsätzlich sind Wohnungen auf dem Markt vorhanden“, sieht auch Christian Sanfleber, Leiter des Sozialamtes und der Wohnungsaufsicht der Stadt Düren, kein akutes Problem. Wer eine Wohnung für ein oder zwei Personen oder eine Wohnung für kinderreiche Familien suche, müsse allerdings deutlich mehr Zeit investieren.
Dort seien die Angebote geringer. Dies sei eine Entwicklung, die den „sozialen und demografischen Wandel der Gesellschaft“ spiegele.
„Wenn neuer, öffentlich geförderter Wohnraum gebaut wird, wirken wir darauf hin, dass dieser Entwicklung Rechnung getragen wird“, sagte Sanfleber. Allerdings räumte er ein, dass es kaum noch Projekte dieser Art gebe: „Es wird eher umgebaut als neu gebaut.“

Die Zahl der Investoren im öffentlich geförderten Mietwohnungsbau sei „drastisch zurückgegangen“.
Prinzipiell sei es begrüßenswert, dass Energieeffizienz und Barrierefreiheit zunehmend auf der Tagesordnung bei Sanierungsprojekten stehen.

Sanfleber spricht von einem „Modernisierungsstau“ in Teilen der Stadt, der sich langsam auflöse. „Doch Modernisierungskosten können auf die Mieter umgelegt werden“, erklärt er. Gleichzeitig bedeute eine Sanierung auch Einsparungen auf der Nebenkosten-Seite.

Am Beispiel der Rütger-von-Scheven-Straße verdeutlich er, dass sein Amt „mehrfach Verhandlungen mit dem Vermieter geführt hat“, um die Mehrbelastung für die Altmieter in Grenzen zu halten. Mit einem zufriedenstellenden Ergebnis, meint Sanfleber.

„Bei einer Vollmodernisierung, wie sie derzeit über mehrere Jahre an den Genossenschaftswohnungen an der Blumenthalstraße realisiert wird, kann es geschehen, dass die Miete nach der Sanierung über der Grenze liegt, bis zu der die Job-com zahlt“, sagt Dagmar Runge, Geschäftsführerin des Dürener Bauvereins und Prokuristin der Dürener Baugenossenschaft. „Allen Mietern, die sich dies nicht mehr leisten können, bieten wir angemessene Alternativen an“, versichert sie.

Der Bauverein hat 1400 Wohnungen im Bestand, etwa ein Drittel werde von Sozialleistungsempfängern bewohnt.
Bei der Genossenschaft sind es 1300 Wohnungen, von denen elf Prozent an Empfänger von Transferleistungen vermietet sind.

„Es gibt noch ausreichend Wohnraum“, betont Dagmar Runge. Auch in Zukunft sei dies so. Dass der Bauverein jedoch nicht an Menschen mit einem negativen Schufa-Eintrag, sei nichts Ungewöhnliches.
„Da arbeiten wir wie jeder andere Vermieter auch“, sagt sie. Was zusätzlich bei der Vergabe der Wohnungen zähle, sei das „Auftreten“ potenzieller Mieter.

„Bauverein und Wohnungsbaugenossenschaft werden ihrem Auftrag gerecht, bezahlbaren Wohnraum zur Verfügung zu stellen“, ist Karl-Albert Eßer als Aufsichtsratsvorsitzender des Bauvereins überzeugt. Für Neubauprojekte sieht er vorerst keinen Bedarf. Eine Bebauung des Hannemanns-Grundstücks habe der Bauverein verworfen. Aufgrund der Altlasten sei die Unsicherheit zu groß gewesen.
„Wir warten erst einmal die von der SPD auf den Weg gebrachte Wohnraumanalyse ab“, sagt er.

Dieser „Masterplan Wohnen“ soll aufzeigen, welche Formen des Wohnens in welchen Stadtteilen nachgefragt werden und wo Bedarf besteht. Aus den Gutachten soll ein Handlungskonzept
abgeleitet werden.

  • Etwa 50 Millionen Euro für Mieten und Heizkosten

    Laut Auskunft von Job-com Leiter Karl-Josef Cranen gab es im vergangenen Jahr kreisweit 10 879 Bedarfsgemeinschaften, bei denen das Fachamt des Kreises im Rahmen der Grundsicherung für Arbeitssuchende („Hartz IV“) Mieten und Heizkosten übernommen hat.
    Dafür wurden 42,6 Millionen Euro gezahlt.

    Unter die Regelung des Sozialgesetzbuches XII (Hilfe zum Lebensunterhalt, Grundsicherung im
    Alter und bei Erwerbsminderung) fielen 2720 Bedarfsgemeinschaften.
    Gezahlt wurden 6,17 Millionen Euro.

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