Düren. Mit der Ankündigung “Wir wollen mehr Demokratie wagen” sorgte Willy Brandt in seiner ersten Regierungserklärung als Bundeskanzler im Jahr 1969 für Furore. “Mehr Demokratie wagen” könnte auch das Ansinnen des neuen SPD-Stadtvorstands um den Vorsitzenden Cem Timirci und seine Stellvertreterin Margot Biergans überschrieben werden innerparteilich, aber auch bei der Einbindung der Bürger in politische Entscheidungsprozesse. “Die Bürgerbeteiligung im laufenden Masterplanprozess ist ein guter Anfang, aber sie kann sicherlich noch ausgebaut werden”, betont der 43-jährige Rechtsanwalt, der vor gut zwei Monaten die Nachfolge von Liesel Koschorreck an der Spitze der Stadt-SPD angetreten hat. Er ist fest überzeugt, dass der Hickhack um die Fahrrad- und Car-Sharing-Station an der Weierstraße hätte vermieden werden können, wäre mit den Bürgern frühzeitig gesprochen worden.
Vor allem aber will der neue Vorstand die verkrusteten innerparteilichen Strukturen aufbrechen, mehr der aktuell gut 550 Mitglieder des Stadtverbands in die Meinungsbildung der SPD einbinden. “Wir wollen keine festen Positionen vorgeben, sondern mehr Raum für kontroverse Diskussionen geben”, kündigt Timirci eine neue Kultur des Miteinanders an, mit der auf der nächsten Mitgliederversammlung am 28. Oktober begonnen werden soll. “Wir werden in Zukunft öfter die Meinung der Mitglieder abfragen”, erklärt Margot Biergans.
Geschlossen auftreten
Klar müsse dann aber auch sein: Wenn die Mehrheitsmeinung gefunden sei, müsse sie auch geschlossen nach außen vertreten werden. Das sei in der Vergangenheit nicht immer der Fall gewesen und müsse sich dringend ändern, um das Erscheinungsbild der SPD zu verbessern. Überhaupt will der neue Stadtvorstand in Zukunft deutlicher als bisher sozialdemokratische Positionen deutlich machen, die in der Vier-Parteien-“Ampel”-Koalition nicht oder nur marginal erkennbar werden.
In den ersten Wochen hat der Stadtvorstand drei Anträge erarbeitet, die in Kürze über die Fraktion den Stadtrat erreichen sollen. “Wir wollen eine Leitbilddiskussion Düren 2025 anstoßen”, erklärt Cem Timirci. Das Leitbild soll helfen, die Stadt und den Wirtschaftsstandort für die Herausforderungen der Zukunft fit zu machen, und die Richtung der Stadtentwicklung aufzuzeigen. “Dazu bedarf es einer tragenden Stadtidee”, heißt es in dem Konzeptpapier.
Und für die SPD steht fest: Auch wenn die Verwaltung das Leitbild entwickeln soll, sollen sich wichtige Interessen- und Bürgergruppen der Stadt daran beteiligen, damit sich am Ende möglichst viele Bürger mit der Vision identifizieren.
Ein zweiter Antrag beschäftigt sich mit dem Thema freies W-LAN. Nachdem bereits in einigen städtischen Einrichtungen (Rathaus, Bürgerbüro, VHS) Freifunk-Router einen kostenlosen Internetzugang für Jedermann ermöglichen, soll dieses Angebot nach dem Willen der Genossen nach Möglichkeit auf alle städtischen Sportstätten und Jugendeinrichtungen ausgedehnt werden.
Schließlich wollen die Sozialdemokraten zur Stärkung der Erzeuger aus der Dritten Welt eine “Fair-Trade”-Initiative starten. Die Stadt soll als Vorreiter mit gutem Beispiel vorangehen und bei eigenen Veranstaltungen ausschließlich Produkte anbieten (zum Beispiel Kaffee), der fair gehandelt wird. Auch in Kitas und Schulen sollten nur noch solche Produkte verarbeitet werden. So könnten nicht nur Impulse in die Bevölkerung geben werden, in der Hoffnung, dass möglichst viele Bürger und Institutionen dem Beispiel folgen. Das Markenzeichen “Fair-Trade-Town” sei zudem ein gutes Marketing-Instrument, mit dem die Stadt sich positiv positionieren könne, ist Margot Biergans überzeugt.