Düren: Die Stadt Düren hat Anteile an den Stadtwerken gekauft und ist nun mit 50,1 Prozent Mehrheitseigentümer (den Rest hält RWE). Was bedeutet das? Welche Möglichkeiten hat das Rathaus nun tatsächlich? Und: Was hat der Bürger von dem Rückkauf, der für knapp 30 Millionen Euro über die Bühne ging und vom Kartellamt genehmigt wurde? Darüber sprach DN-Redakteur Ingo Latotzki mit dem designierten Aufsichtsratsvorsitzenden Henner Schmidt.
Der 65-Jährige ist auch Fraktionsvorsitzender der SPD im Dürener Stadtrat und somit einer der Wortführer in der derzeitigen Ampel-Koalition, die seit Mai eine Mehrheit in Düren hat.
Mit dem Rückkauf der Stadtwerke-Anteile wächst der Schuldenberg der Stadt Düren um 30 Millionen auf gut 240 Millionen Euro. Können Sie trotzdem ruhig schlafen?
Henner Schmidt: Ja, kann ich, weil dieser Kauf ja nicht aus der Luft gegriffen ist. Die Stadtwerke sind gut aufgestellt. Wir haben motivierte Mitarbeiter und eine gute Geschäftsführung.
Nach wie vielen Jahren würde sich diese Investition nach Ihrer Einschätzung rechnen?
Schmidt: Laut Plan ist die Tilgung in 30 Jahren abgeschlossen. Ob es Jahre gibt, in denen wir einen höheren Betrag als Sondertilgung ausweisen können, muss sich zeigen.
Eine lange Zeit.
Schmidt: Das stimmt. Wir wollten aber die Belastungen für den städtischen Haushalt möglichst strecken. Wir haben gute bis sehr gute Zinskonditionen. Ein Teil der Summe ist über die gesamte Laufzeit gebunden, ein anderer Teil mit einem supergünstigen Zins über zehn Jahre.
Welchen Gewinn haben Sie bei dieser Rechnung zugrunde gelegt?
Schmidt: Wir gehen von einem jährlichen Gewinn von sechs bis acht Millionen Euro aus. Es sind Maßnahmen zur Effizienzsteigerung eingeleitet worden, zudem ist ein Kostensenkungsprogramm auf dem Weg. Wenn diese Programme greifen, kann der Gewinn langsam auch wieder ansteigen.
Kostensenkungsprogramm? Muss sich jemand Sorgen machen?
Schmidt: Es geht nicht darum, Personal zu entlassen, sondern darum, interne Prozesse zu verschlanken und effizienter zu gestalten. Wichtig wird es auch sein, neue Geschäftsfelder zu erschließen, etwa im regenerativen Bereich. Da wollen wir als Kommune darauf achten.
Was ist, wenn sich die Gewinne nicht so entwickeln, wie von Ihnen eben prognostiziert?
Schmidt: Dieses Risiko hat jedes Unternehmen. Es kann in Schieflage geraten. Aber da wir die Tilgungszeit so lange angesetzt haben, kann es wellenförmig verlaufen. Ich gehe davon aus, dass schlechtere Jahre, wenn es sie gibt, in den Folgejahren wieder aufgefangen werden können.
Nun hat die Stadt eine winzige Mehrheit an den Stadtwerken. Welchen Nutzen kann sie daraus ziehen?
Schmidt: Die Stadtwerke sind dadurch gestärkt als lokaler Versorger direkt vor Ort. Ich glaube, dass es auch eine höhere Identifikation der Bürger mit ihrem Energieversorger geben wird. Darüber hinaus haben wir natürlich mehr Einfluss. Allerdings muss man sagen, dass sich Stadt und RWE bei wichtigen Entscheidungen einigen müssen. Das sieht der Gesellschaftervertrag vor.
Was sind wichtige Entscheidungen?
Schmidt: Wenn es um die Preise geht, die die Kunden zu zahlen haben, oder um Verbünde, die die Stadtwerke mit anderen kommunalen Energieversorgern eingehen, um günstiger einkaufen zu können.
Wenn Sie als Ampel-Koalitionär also einen Sozialtarif für wirtschaftlich schwächer Gestellte haben möchten, müssen Sie RWE fragen.
Schmidt: So ist es. RWE müsste auch dafür sein.
Ist der Sozialtarif, der besonders von Ihrem Koalitionspartner Die Linke gefordert wurde, überhaupt noch ein Thema?
Schmidt: Viele Kunden haben immer noch nicht den günstigsten Tarif gewählt. Es scheint mir erst einmal wichtiger, da zu informieren, damit jeder für sich entscheiden kann, was die günstigste Tarifform ist. Es gibt einige Sonderformen, die noch genutzt werden könnten.
Trifft es zu, dass die Stadt als Mehrheitseigner in bestimmte Geschäftsfelder investieren könnte, dann aber auch etwaige Verluste zu tragen hätte ohne Beteiligung von RWE?
Schmidt: Wenn wir in neue Geschäftsfelder investieren wollen, etwa im regenerativen Bereich, dann wäre das so. Sollte RWE sagen, das Invest sei nicht wirtschaftlich, dann kann die Stadt das Projekt auf eigene Rechnung durchziehen. Die Kommune würde die Gewinne behalten, müsste aber auch die Verluste tragen und zwar alleine.
Sie haben eben gesagt, die Dürener würden sich durch den Rückkauf mehr mit den Stadtwerken identifizieren. Warum soll das so sein?
Schmidt: Die SWD hatte schon immer ein gutes Image. Wenn wir jetzt noch Projekte installieren, die gut ankommen, etwa Elektrotankstellen für E-Bikes, glaube ich schon an einen positiven Effekt. Und: Der Bürger weiß, dass jeder Euro, den er an die Stadtwerke überweist, zu 50 Prozent bei der Stadt landet.
Und was hat er davon?
Schmidt: Er hat davon, dass sich die Stadtwerke im sportlichen oder kulturellen Bereich engagieren. Ich weise zudem auf die Kulturstiftung hin, die entsprechende Projekte unterstützen wird und so noch mehr in den öffentlichen Fokus rückt.
Wird das Engagement noch ausgebaut?
Schmidt: Die SWD machen unheimlich viel, vielleicht muss das nach außen hin noch deutlicher werden. Zurzeit sehe ich für eine Ausweitung keine Chancen.