Eine lesenswerte Haushaltsrede

28. März 2007 von Cem Timirci 
Henner Schmidt, Vorsitzender der SPD Fraktion im Rat der Stadt Düren
SPD-Fraktionsvorsitzender Henner Schmidt

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
meine Damen und Herren,

1.
die SPD hat in Vorbereitung auf den heute zu verabschiedenden Haushalt die im letzten Jahr vereinbarte Haushaltskonsolidierung mit auf den Weg gebracht.
Denn nur in ernsthaften Sanierungsmaßnahmen sehen wir die Chance, die Handlungsfähigkeit der Stadt Düren auf Dauer zu erhalten.
Die SPD hat als Oppositionspartei bewusst diesen nicht einfachen Weg eingeschlagen, weil sie sich in der Verantwortung für Düren sieht.
Dabei stehen wir erst am Anfang dieses Weges:
Die Beschlüsse sind gefasst, die ersten Maßnahmen zwar ergriffen, aber weitere stehen bzgl. ihrer Umsetzung und Konkretisierung noch aus.
Bei den vereinbarten Einnahmeverbesserungen und den Ausgabenkürzungen galt für die SPD der Grundsatz:
„Starke Schultern können mehr tragen, schwache Schultern weniger!“

Die Einleitung einer Haushaltskonsolidierung war in Anbetracht der desolaten Haushaltslage der Stadt zwingend notwendig, um weiterhin in sozialer Verantwortung handeln zu können, und zwar besonders:
in den Schulen, für Kinder und Jugendliche und auch um Impulse bei der Entwicklung unserer Stadt geben zu können.
Die Bürger sollen zukünftig über das Sanierungskonzept hinaus nicht weiter belastet werden.

Heute liegt nun der zweite nach den Regeln des Neuen Kommunalen Finanzmanagement (NKF) gestaltete Haushalt der Stadt Düren vor uns.

Beim Betrachten dieses umfangreichen Werkes drängt sich die wichtigste Frage auf:
Wie kann dieses Zahlenwerk mit Leben gefüllt werden,
wie kann es gelingen, dass die Politik das NKF nutzen kann, um Zielvorgaben nachvollziehbar zu machen und über Produkte zu steuern.
Zuvorderst muss es selbstverständlich werden,
dass die im NKF niedergelegten Zielvereinbarungen und Kennzahlen in ständiger Überprüfung und kritischer Würdigung der fachpolitischen Diskussion stehen.
Hier muss ein kontinuierlicher Prozess in Gange kommen, denn nur so kann es gelingen, dass die Kosten- und Leistungsindikatoren genutzt werden, um zum einen die Vergleichbarkeit mit anderen Kommunen herzustellen und zum anderen Fehlentwicklungen frühzeitig feststellen zu können, um gegenzusteuern.

In Anbetracht der Tatsache, dass immer noch keine Eröffnungsbilanz seitens der Kämmerei vorgelegt werden kann, komme ich zu dem Schluss:

Der zur Einführung des NKF notwendige Arbeitsaufwand ist unterschätzt worden.
Besser wäre es gewesen, das kameralistische System fortzuführen und parallel dazu – quasi zum Üben – das NKF für zwei Jahre auszuprobieren, um es erst dann einzuführen.

Man kann konstatieren:
Es war in Verantwortung für Düren richtig und notwendig zur Konsolidierung der städtischen Finanzen den Schulterschluss zwischen den beiden großen Fraktionen zu suchen.
Auf der anderen Seite muss man allerdings auch feststellen, dass im alltäglichen politischen Handeln bei der Mehrheitsfraktion in entscheidenden Fragen kein Wille zur Zusammenarbeit mit der Opposition erkennbar ist.

2.
Wenn dem so ist, was unterscheidet dann die SPD in Kernfeldern von der CDU?

Die SPD will, um dem Würgegriff des Kreises zu entkommen, eine energische, offensive Konfrontation mit dem Landrat mit dem Ziel einer Netto-Senkung der Abführungen an den Kreis.
Mit großem Getöse hat der Kreis die Umlage von 44,61 % auf 41,45% vermindert; dadurch hat die Stadt in der einen Tasche 3 Mill. € „mehr“;

auf der anderen Seite werden durch die hälftige Heranziehung der Stadt bei den Unterkunftskosten für ALGII-Bezieher
7,5 Mill. € aus der anderen Tasche gezogen:
unter dem Strich führt die Stadt Düren
4,5 Mill. € mehr an den Kreis ab als vor der „Senkung“ der Kreisumlage !

Ich erwarte von Ihnen, Herr Bürgermeister, dass Sie dem Landrat die Stirn bieten. Was wir brauchen sind keine Taschenspielertricks, sondern eine wirkliche Entlastung durch den Kreis !

Die SPD will eine Stadtentwicklungspolitik, die Areale und Quartiere in den Blick nimmt
und nicht – wie Sie es von der CDU tun – punktuell durch Düren zu stolpern:
>SPD-Antrag City-West
>Bauvorhaben Postcenter

Die SPD will Zukunftschancen für Düren sichern und nicht – wie Sie es von der CDU tun – beleidigt in der Ecke schmollen:
>Ein Beispiel nicht nachvollziehbarer CDU-Haltungen ist die Weigerung der Entwicklungsgesellschaft Indeland beizutreten.

Meine Damen und Herren von der CDU:
In jedem Fall muss die Bergbaufolgelandschaft im Bereich Merken gestaltet werden und dies unabhängig von der Entscheidung See oder kein See. Sie tun nichts, Chancen werden verspielt und die Fördergelder ziehen an Düren vorbei.

Die SPD will eine verantwortungsvolle, Resourcen schonende Baulandentwicklung in Düren
und nicht – wie Sie es von der CDU tun –
unverantwortliche, Landschaftsfressende Bauvorhaben außerhalb des Flächennutzungsplanes zum Gefallen privater Dritter auf den Weg bringen:
(Negativbeispiele)
>Kaisersbenden Derichsweiler
>Ziegelei in Rölsdorf

Grundsätzlich muss es sein, dass die Stadt bei Erschließungsvorhaben in die Lage versetzt wird, die entstehenden Planungsgewinne selbst abzuschöpfen und diese nicht privaten Investoren zu überlassen.

Dazu will die SPD eine intelligente Stellenplanung und Stellenbewirtschaftung.
Dann kann eintreten, dass neu geschaffene Stellen
– etwa in der Bauverwaltung, um beim Beispiel der Wertschöpfung bei Bauerschließungen zu bleiben –
sich nicht nur selbst finanzieren, sondern auch Mehreinnahmen für die Stadt generieren.

Die SPD will ein flächendeckendes Angebot an U3-Betreuung. Als Gegenfinanzierung schlagen wir vor, freiwerdende Mittel aus dem Wegfall an Kindergartenplätzen zu nutzen.
Welche große Herausforderung eine Betreuung der unterdreijährigen Kinder darstellt zeigt folgende Zahl:
>In den ersten beiden Monaten dieses Jahres sind in Düren 135 Kinder geboren worden – d.h., in gesamten Jahr 2007 wird es in etwa
600 – 800 Neugeborene geben.
Wenn man 20% dieses Jahrganges einen Platz anbieten will, müssen wir rund 150 Plätze schaffen !

Zur Thematik Offene Ganztags Grundschule (OGS) möchte ich an dieser Stelle nicht eingehen, denn hierzu wird später in der Tagesordnung noch zu beraten sein. Deshalb nur der kurze Hinweis, dass es unbedingt notwendig ist, die in Düren entstehenden zwei Formen von OGS über kurz oder lang auf ein einheitliches Level zu bringen

Die SPD will eine ernsthafte Prüfung der Möglichkeiten bei der Zusammenlegung von Ämtern, um Synergien sowohl konzeptioneller als auch finanzieller Art nutzen zu können.
Es drängt sich geradezu auf, Jugendamt und Schulamt zusammenzufassen,
Schulentwicklungsplanung und Jugendhilfeplanung müssen gemeinsam gestaltet werden
>Nicht nur die OGS zeigt Notwendigkeit des Zusammengehens der beiden Ämter.

Dies muss verbunden sein mit einer ständigen Aufgabenkritik und der Überprüfung von Standards.
Hier zeigen Sie sich, Herr Bürgermeister, zu unbeweglich. Der Beitrag der Verwaltung zur Haushaltskonsolidierung könnte höher ausfallen und wird höher ausfallen müssen.

Die Ignoranz und das ständige Besserwissen der CDU im Umgang mit Antragen der Opposition sind eingebettet in eine eklatante Schwäche bei der Zuschusserreichung und der Entwicklung tragfähiger Gesamtkonzepte:
>Wirtelstraße
>Soziale Stadt Düren-Nord
>Euregionale 2008

Seit Jahren hat die SPD immer wieder den Ausstieg aus der
Wirtschaftsförderungsgesellschaft des Kreises (GWS) gefordert. Diese Krisengeschüttelte GWS hat in unseren Augen für die Stadt Düren die Wirkung einer gewaltigen Geldvernichtungsmaschine.

In 2006 hat die CDU erste Einsicht gezeigt und – wenn auch halbherzig – eine Wirtschaftsförderung für die Stadt im Umfang einer Stelle eingerichtet.

Die SPD will jedoch den kompletten Ausstieg der Stadt aus der GWS, jedenfalls aus dieser GWS !
Und dafür ist nun endgültig die Zeit gekommen, Landrat und Sparkasse wollen die GWS umstrukturieren,
dies muss die Stadt nutzen, die GWS zu verlassen und die so frei werdenden Mitteln in eine eigene Wirtschaftsförderung stecken.
>heutiger Antrag der SPD
Herr Larue, leider haben Sie sich bereits festgelegt und befürworten den Verbleib der Stadt in der GWS:
Ich kann nur hoffen, dass sich der Landrat zum Wohle der Stadt gegen die Stadt durchsetzt und die von der Sparkasse vorgeschlagene Umstrukturierung umsetzt;
dies sage ich nicht gerne, denn normalerweise fordere ich immer das Gegenteil.

Die SPD bekennt sich zu Partnerschaften – auch zu Eregli in der Türkei -, zu Integrationsmaßnahmen und zum Bündnis gegen Rechts.
Völkerverständigung und Integration gibt es nicht zum Nulltarif – dazu muss man auch bereit sein, Geld in die Hand zu nehmen, nicht zuletzt, um Begegnung zwischen Bürgern auf allen Ebenen zu ermöglichen.

So ist es kein Widerspruch, wenn ich fordere:

Wir müssen weiter machen beim Abbau von Schulden, ins besondere auch bei den Kassenkrediten,

wir müssen alle Standards und Aufgaben verantwortlich untersuchen, um finanzielle Spielräume zu sichern und dadurch die politische Handlungsfähigkeit erhalten.

Diese Handlungsfähigkeit kann optimiert werden, indem ein Teil der höheren Steuereinnahmen auf der Ausgabenseite eingesetzt wird.

Die SPD hat sich mit großer Ernsthaftigkeit an der Haushaltskonsolidierung beteiligt und steht auch dafür, dass die Konsolidierung die beschriebenen Effekte erzielt–

allerdings manifestieren sich im vorgelegten Haushalt die Ergebnisse einer verfehlten CDU-Politik, mit diesem Zahlenwerk werden Entwicklungen eingeleitet, die die SPD nicht mittragen kann,

deshalb kann die SPD dem Haushalt 2007 in der vorliegenden Form nicht zustimmen.

Henner Schmidt21.03.2007

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